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Bei Erbschaften werden häufig Eigentumsanteile einer Immobilie übertragen - zum Beispiel, wenn das Kind die Hälfte des Elternhauses als Miteigentümer erbt. Doch was kann man mit einem halben Haus anfangen? Und wie wird der für die Erbschaftsteuer relevante Wert ermittelt? 

Mit dieser Frage musste sich jüngst das Finanzgericht Münster beschäftigen. Der Kläger hatte die Hälfte einer Immobilie geerbt. Daraufhin ermittelte das Finanzamt im Rahmen des Bewertungsgesetzes für die gesamte Immobilie einen erbschaftsteuerlichen Wert von 270.000 Euro und setzte für den Kläger 50 Prozent an, also 135.000 Euro. 

Mögliche Wertminderung durch Verkehrswertgutachten und Abschlag

Der Steuerpflichtige wollte sich hiermit jedoch nicht zufriedengeben. Er nutzte die Möglichkeit, einen niedrigeren Verkehrswert nach Paragraf 198 Bewertungsgesetz nachzuweisen, und ließ vom örtlichen Gutachterausschuss ein Wertgutachten erstellen. Das kam auf einen Gesamtwert von lediglich 150.000 Euro. Dieser Wert wurde vom Finanzamt noch akzeptiert. 

Doch der Gutachterausschuss ging noch weiter: Er setzte nicht den rechnerischen Anteil am Verkehrswert an, das heißt 50 Prozent von 150.000 Euro, also 75.000 Euro. Vielmehr berücksichtigte er außerdem einen Abschlag von 20 Prozent und bewertete den Miteigentumsanteil insgesamt lediglich mit 60.000 Euro. Die Begründung: Miteigentumsanteile seien mit erheblichen Risiken etwa durch die eingeschränkte Verfügungsgewalt verbunden. Aufgrund entsprechender Erfahrungen aus Zwangsversteigerungen hielt der Gutachterausschuss diesen Abschlag für gerechtfertigt. An dieser Stelle widersprach das Finanzamt.

Finale Entscheidung des Bundesfinanzhofs steht noch aus

Gegen die Entscheidung des Finanzamts zog der Erbe vor das Finanzgericht Münster. Dieses kam mit seinem Urteil Ende 2022 (Az.: 3 K 1201/21 F.) zu dem Schluss, dass der Abschlag von 20 Prozent hinreichend begründet sei. Die Revision wurde allerdings zugelassen, da der Bundesfinanzhof zu dieser Frage bisher noch nicht entschieden hat. Ein finales Urteil steht also noch aus. 

Daher lautet die Empfehlung: Wer Miteigentumsanteile erbt oder geschenkt bekommt, sollte einen möglichen Bewertungsabschlag prüfen und die entsprechenden Bescheide bis zur finalen Entscheidung des Bundesfinanzhofs offenhalten.