Interview mit Eric Nussbaumer, Nationalratspräsident 2024

Eric Nussbaumer, Nationalratspräsident

Eric Nussbaumer, Nationalratspräsident

Herr Nussbaumer, was hält die Schweiz Ihrer Meinung nach im Jahr 2024 zusammen und was spaltet sie?

Unser Zusammenhalt ist im Föderalismus begründet. Jeder Kanton und jede Gemeinde haben ihre politischen Kompetenzen. Das führt zu einer hohen Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit dem Gemeinwesen. Daneben haben wir ein paar Willenselemente, die wir nicht aufgeben wollen, die Mehrsprachigkeit, die friedliche Religionsfreiheit – eine generelle Akzeptanz einer pluralen Gesellschaft.

Mit welchen Herausforderungen ist das Parlament 2024 konfrontiert? Welche Prioritäten verfolgen Sie als Nationalratspräsident?

Das Parlament hat keine spezifisch politischen Herausforderungen im kommenden Jahr. Schwierige oder einfache politische Geschäfte gibt es jedes Jahr. Generell aber muss es uns gelingen, die Lösungssuche nicht nur polarisiert und medial aufgeheizt zu veranstalten. Das Parlament kann seine Anerkennung nur durch konkrete Lösungsfindung erreichen.

Welche Kernanliegen Ihrer Partei (SP) wollen Sie in Ihrem Amt als Nationalratspräsident voranbringen?

Als Nationalratspräsident steht man über den Parteien. Es wäre nicht gut, wenn ich nur meine politischen Anliegen voranbringen möchte. Persönlich ist es mir aber wichtig, dass wir als Schweiz unseren Platz in Europa klären können und dass wir Schritte schaffen für ein faires und solidarische Zusammenleben. Das bedingt auch, dass wir innen- und aussenpolitisch gut zuhören. Die Schweiz weiss nicht alles besser.

Sie setzen sich für eine gute Beziehung zwischen der Schweiz und der EU ein. Welche Entwicklung erwarten Sie hier? Und werden Sie sich in Ihrem Präsidialjahr für diese Thematik einsetzen?

Ich hoffe, dass der Bundesrat im kommenden Jahr die Verhandlungen mit der EU wieder aufnimmt. Ich erachte es als zwingend, dass wir rasch eine zukunftsfähige Lösung in der Beziehung mit den 27 EU-Mitgliedsstaaten hinkriegen. Wenn ich das unterstützen kann, werde ich es in der parlamentarischen Aussenpolitik des kommenden Jahres gerne tun.

Die Umwelt- und Energiepolitik ist Ihnen ein Anliegen – auch als Mitgründer und bis vor kurzem Verwaltungsratspräsident der ADEV-Energiegenossenschaft, die nachhaltige Energieversorgung im Fokus ihrer Unternehmensstrategie hat. Die Schweiz versucht nun seit längerem die Energieknappheit zu bewältigen. Was halten Sie von der Art und Weise wie die Schweiz die Energieversorgung sicherstellt?

Unsere Energieversorgung ist – wie in den meisten Ländern Europas – in einer fossilen Abhängigkeit. Wir müssen das aus klimapolitischen und geopolitischen Gründen überwinden. Darum braucht es eine Energiewende mit viel mehr erneuerbaren Energien. Die Aufgabe ist riesig, aber für unsere Wohlstandssicherung eine zentrale Aufgabe. Wir sind auch auf dem richtigen Weg, aber wir müssen beim Umbau-Tempo weiter zulegen. 2050 und die Netto-Null Zielsetzung steht vor der Türe, die Klima-Wissenschaft hat genug angemahnt.